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Amtsweg statt Digitaler ID – der Mühe wert!

ID, Technik, Vernetzung

FreiSein für ein nicht überwachtes Leben

 

Mit 5. Dezember wird die Handysignatur durch die so genannte ID Austria ersetzt. Diese Maßnahme bedeutet einen weiteren entscheidenden Schritt auf dem Weg zum „gläsernen Bürger“ und den damit verbundenen möglichen Kontrollmaßnahmen des Einzelnen.

Die Smartphone-Technologie, die aus dem Mobiltelefon einen kleinen, mobilen Computer machte, ermöglichte im Jahr 2009 die Einführung der Handysignatur mit der digitalen Unterschrift. Dazu musste man sich bei einer dazu ermächtigten Stelle mit Meldezettel und Ausweis legitimieren und registrieren lassen. So ersparte man sich dann den einen oder anderen Amtsweg, was nicht bloß der eigenen Bequemlichkeit zugute kam, sondern auch den Schrift- und Parteienverkehr für die Behörden erleichterte. Datenschützer sahen auch schon in diesem Schritt eine Gefahr für die Persönlichkeitsrechte.

Die ID Austria wird es nun in zwei Varianten geben:

Mit der App „Digitales Amt“, die ab 5.12.23 die Handysignatur ersetzt und die nur auf Smartphones mit Fingerabdruck- oder Gesichtsscanner genutzt werden kann, gibt es direkte Links zu allen möglichen Amtswegen, zum Beispiel wie man den Hauptwohnsitz ändert, eine Wahlkarte beantragt oder ein Volksbegehren unterstützt.

In einer zweiten App namens „eAusweise“ können der digitale Führerschein und zukünftig auch andere Ausweise wie etwa der Zulassungsschein, der Personalausweis und die E-Card gespeichert werden. Dafür ist ein (nochmaliges) Erscheinen bei einer Registrierungsstelle notwendig.

Was aber passiert, wenn die ID-Austria eingesetzt wird?

Dazu gibt Wolfgang Lohninger von der Datenschutzorganisation epicenter.work folgende Informationen (Quelle: help.orf.at):
Es werde ein Protokoll erstellt, das von Behördenseite einsehbar sei. Wenn man etwa ein Bankkonto eröffnet und sich über die ID-Austria identifiziert, dann wisse der Staat, wann man sich bei welcher Bank aufgehalten hat und welche Daten übertragen wurden. Auch private Unternehmen können auf diese Weise am Tracking der Bürgerinnen und Bürger teilhaben. Das könne neben der Bank beispielsweise auch ein Hotel oder ein Mobilfunkanbieter sein. Eben jedes Service, das die ID-Austria anbietet und seine Kundinnen und Kunden damit identifiziert. Lohninger äußert auch seine Bedenken: „Ich hab da schon wirklich Angst vor Überidentifizierung. Etwa, dass man Dienste, die man heute noch anonym oder pseudonym in Anspruch nehmen kann, bald nur noch unter Bekanntgabe der staatlich beglaubigten Identität wird nutzen können.“

Von Behördenseite wird diese Vorgangsweise bestätigt, allerdings diene diese Speicherung „letztlich vor allem dem Schutz der Anwenderinnen und Anwender“, wie betont wird. Diese würden ja schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nachvollziehen wollen, welche Transaktionen sie getätigt haben, um eine solche im Zweifelsfall auch nachweisen zu können. „Wenn jemand seine Ausweisdaten oder den Familienstand einer Behörde oder einem Unternehmen bekannt gibt, werden genau diese Informationen protokolliert: dass der Familienstand weitergegeben oder der Ausweis gezeigt worden ist. Inhaltliche Informationen, also persönliche Ausweisdaten wie der Name, das Geburtsdatum oder die Ausweisnummer, beziehungsweise ob man ledig, geschieden oder verheiratet ist, werden nicht gespeichert und auch keinem Unternehmen zugänglich gemacht.“

Ein umfassender Überblick für alle jene, die die digitale ID nutzen wollen, ist auf der Website der Datenschutzorganisation epicenter.works zu finden, die sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen überbordende Überwachung und für das Grundrecht auf Privatsphäre einsetzt.

Der für Digitalisierung zuständige Staatssekretär Florian Tursky betont auf Nachfrage, dass alle mit der digitalen ID verbundenen Vorgänge weiterhin auch persönlich erledigt werden können. In Wien aber ist es zum Beispiel kostengünstiger, ein Parkpickerl mit Digitaler ID zu erwerben, andernfalls werden Verwaltungskosten berechnet. Aufregung gab es zuletzt auch im Burgenland, als auf der Website des Landes ein Antrag für den „Wärmepreisdeckel“ eine Zeit lang mutmaßlich nur mittels Online-Formular, die die Nutzung einer digitalen ID voraussetzt, möglich war. Bei unserem Check vor ein paar Tagen konnte das so nicht (mehr) festgestellt werden. Nunmehr gibt es auf eben dieser Website den Hinweis, dass man die Förderung auch bei der Wohnsitzgemeinde persönlich beantragen könne. Dass der Antrag davor nur digital möglich war, dafür spricht jedoch die aktuelle Information auf der Seite: „Eine Beantragung über Ihre Gemeinde wird aus technischen Gründen erst in den nächsten Wochen möglich sein.“ Dabei ist zu beachten, dass die Antragsfrist für 2023 Anfang des Jahres begann und mit Ende Dezember ausläuft.

Wenn man nicht auf die digitale ID umsteigen will, kann man die Handysignatur aber ganz einfach auslaufen lassen, um sich den immer umfassender werdenden Überwachungsmaßnahmen nicht weiter auszusetzen. Aktuell nutzen 2,5 Millionen Österreicher dieses praktische Tool, wieviele auf die neue, von Behördenseite als „verbesserte und sicherere“ Version, von Datenschützern aber als verschärfte Version bezeichnete Variante umsteigen werden, ist noch offen.

Hier nützt es wohl nichts, wenn man sich dem „Es is eh schon wuascht“ ergibt, das den Österreichern gerne unterstellt wird. Vielmehr ist es die Mühe, die mit dem konventionellen Behördenkontakt verbunden ist, allemal wert, obwohl sie Zeit und Nerven kostet; denn Behördenwege oder E-Mail-Verkehr brauchen erfahrungsgemäß nun mal auch eine ganze Menge mehr von beidem.

Zudem lohnt es sich natürlich, diesen Maßnahmen auch öffentlich entgegen zu treten, in dem man die Volksvertreter informiert und seinen Unmut kundtut. Vorgezeigt haben solche – zum Teil auch wirksame – Gegenmaßnahmen etwa Henry David Thoreau mit seinem Steuerboykott, Mahatma Ghandi mit dem Widerstand gegen die britische Kolonialmacht, Martin Luther King mit seinen Anti-Rassismus-Aktivitäten und Nelson Mandela, der sich erfolgreich gegen die Apartheid stark machte.

Auch die Nutzung von unabhängigen Medien, wie Unsere ZeitenWende und das Aufbauen von zivilgesellschaftlichen Netzwerken, die miteinander vorgehen und alternative Möglichkeiten schaffen, sind gute Möglichkeiten, sich der zunehmenden staatlichen Kontrolle, die nicht wirklich notwendig ist, zu entziehen und zu widersetzen.

Dieser zivile Ungehorsam hat historisch betrachtet den Weg unserer Zivilisation zu Emanzipation und rechtsstaatlich gefasster Freiheit geprägt. Und die weiter stark wachsende Digitalisierung aller unserer Lebensbereiche mit der damit einhergehenden überbordenden Überwachung, die aber keineswegs sein muss, ist Anlass genug, sich wieder einmal für die persönlichen Freiheitsrechte einzusetzen.

 

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