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Wer wäre ich ohne diesen Gedanken? The Work von Katie Byron

Gedanken The Work Katie Byron

FreiSein für inneren Frieden durch positive Gedanken

 

„Es gibt immer nur ein einziges Problem – deine ungeprüfte Geschichte in diesem Augenblick.” (Katie Byron) 

Wie oft sind wir uns sicher, was andere beabsichtigen oder über uns denken? “Sie kann mich nicht leiden. Er möchte mich schlecht machen.” Doch können wir uns absolut sicher sein, dass das wahr ist?

Unsere Reaktionen folgen auf unsere Gedanken, nicht unbedingt auf die Worte oder Handlungen anderer. Wir verschließen uns, werden schnippisch oder gehen in Konfrontationshaltung und das alles aufgrund unserer Gedanken. Sie sind es, die unseren inneren Frieden stören. Wir leiden immer dann, wenn wir glauben, die Realität müsse anders sein als sie tatsächlich ist. Dann befinden wir uns in einem Streit mit der Wirklichkeit.

”The Work” liefert einen Weg, Gedanken zu hinterfragen und die Harmonie in uns und mit unseren Mitmenschen wieder herzustellen – mit vier einfachen Fragen.

Glaub nicht alles, was du denkst

“Die Wahrheit ist, dass sich noch nie zwei Menschen wirklich begegnet sind. Du bist der, für den ich dich halte. Ich glaube meinen Gedanken über dich, und damit lege ich fest, wer du bist.1

Die US-Amerikanerin Katie Byron entwickelte 1986 die Methode “The Work”, um unsere eigenen, uns belastenden Ansichten zu überprüfen. Sie erkannte, dass nicht Menschen oder Situationen uns schlecht fühlen lassen, sondern unsere Meinungen. Eine schwere Depression führte sie auf diesen Weg der Erkenntnis: “Ich entdeckte, dass ich litt, wenn ich meinen Gedanken glaubte, aber wenn ich ihnen nicht glaubte, dann litt ich auch nicht, und das gilt für jedes menschliche Wesen. So einfach ist die Freiheit.1

“The Work” funktioniert mittels ehrlicher Selbstbefragung. Es geht um eine Überprüfung, nicht darum, die Gedanken zu ändern beziehungsweise auf die Geschichte, durch die wir sie rechtfertigen, zu verzichten. Man begibt sich einzig und allein auf die Suche nach den Ursachen im Inneren, die uns unglücklich machen.

Durch “The Work” nimmt man einen neuen Blickwinkel ein und fühlt sich nicht mehr als Opfer. Man schließt Frieden mit der Wirklichkeit, in dem man die Gedanken neu ausrichtet. Hingegen ist es nicht unsere Angelegenheit, unsere Mitmenschen zu verändern – das führt in den meisten Fällen ohnehin eher zu Frust als zu Erfolg.

“The Work” besteht aus drei Stufen: Beurteilen – Fragen stellen – Umkehren

Die Gedankenreise kann beginnen

Die erste Phase von ”The Work”, die Beurteilung, sollte unbedingt schriftlich gemacht werden. Wenn man sich nur im Kopf mit der Angelegenheit beschäftigt, gerät man in das gleiche Gedankenkarussel, das man zu verlassen hofft.

Zuerst beschreibt man die bedrückende Situation in Form einer gnadenlosen Bewertung. Man sollte dabei dem eigenen Impuls folgen und nicht versuchen, freundlich oder “gut” zu sein.

Sei kleinlich, nicht weise – das widerstrebt uns, weil wir immer wieder hören, wir sollten andere nicht verurteilen.

“Beurteilen ist nun mal das, was unser Verstand tut, habe ich entdeckt. Aber du kannst damit beginnen, deine Urteile aufzuschreiben und zu überprüfen. Das verhilft dir zu einem geistig gesunden, glücklichen Leben.1

Die Methode “The Work” geht davon aus, dass die Bewertungen bereits in uns sind, sonst würden sie nicht aus uns sprudeln, sobald wir uns für sie öffnen. Es geht also darum, ehrlich zu sich selbst zu sein und die (versteckten) Beurteilungen freizulassen.

Die Formulierungen sind:
Ich bin …, weil …
Ich will/brauche, dass …
Er/Sie/Ich sollte …
Er/Sie/Ich ist/bin …
Ich will nie wieder erleben, dass …

Zur Veranschaulichung bleiben wir gleich bei unserem ersten Beispiel: Sie kann mich nicht leiden.
Ich bin wütend, weil sie mich nicht mag.
Ich will, dass sie sich kein Urteil über mich bildet. 
Sie sollte mich erst besser kennenlernen, bevor sie sich entscheidet, mich nicht zu mögen.
Sie ist unfair und unverschämt, herablassend und beleidigend.
Ich will nie wieder erleben, dass sich jemand so schnell ein Urteil über mich bildet.

Jetzt überprüfen wir JEDEN Satz der Reihe nach und stellen uns dazu vier Fragen. Beachte: Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten – sie sollten nur aus unserem Inneren kommen, wenn wir achtsam in uns hineinhorchen.

Ist das wahr?

Die erste Frage ist simpel: Ist das wahr? und kann mit Ja oder Nein beantwortet werden. Sehr oft werden wir hier noch unseren Gedanken glauben und uns selbst zustimmen.

In unserem Beispiel ein klares Ja.

Deshalb lautet die zweite Frage: Kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist? Hm, schon schwieriger! Manchmal wird man ebenfalls mit Ja antworten, doch verlangt eine absolute Sicherheit eine tiefergehende Überprüfung dieses Gedankens. Ein Nein sollte immer dann folgen, wenn man diese absolute Sicherheit nicht hat.

Hinweis: Die Formulierung “er/sie/ich sollte” ist nicht wahr, wenn die Realität anders aussieht als unser Gedanke dazu. Denn auch, wenn wir der Ansicht sind, jemand sollte etwas tun oder lassen, ist es ihre oder seine Angelegenheit, nicht unsere. Wir können weiterhin mit der Wirklichkeit streiten oder einsehen, dass wir auf unsere Gedanken und nicht auf die andere Person Einfluss haben.

Wir probieren unseren ersten Satz mit beiden Varianten aus:
Ja, denn sie hat mir gesagt, dass sie mich nicht mag. Ich habe den Beweis (Doch kann ich mir deshalb absolut sicher sein, dass das wahr ist? Vielleicht hat sie eine Aussage von mir falsch verstanden und darauf reagiert. Oder ich erinnere sie nur an jemanden, den sie nicht leiden kann.)
Nein, denn ich gehe nur aufgrund ihres Verhaltens und ihrer Worte davon aus.

Wie reagiere ich?

Egal, zu welchem Schluss man bei Frage zwei gekommen ist, die dritte Frage lautet: Wie reagiere ich auf diesen Gedanken?

Katie fügt oft hinzu: Kannst du einen Grund sehen, an diesem Gedanken festzuhalten, der dir keinen Stress verursacht? Und bitte versuche nicht, ihn aufzugeben.” Denn wir können unsere Gedanken nicht loswerden. Wir können sie nur überprüfen und sobald wir die Wahrheit erkennen, lässt der Gedanke uns los.

Die Antwort in unserem Beispiel könnte lauten: Ich meide sie und den Blickkontakt, spreche kein Wort mit ihr.
Hier offenbart sich mir gleich eine Erkenntnis: Ich behandeln sie so, als ob ich sie nicht leiden könnte. Die abschätzige Art ist also beidseitig! 
Und nein, es gibt keinen Grund, an diesem Gedanken festzuhalten, denn er verursacht mir nur unangenehme Gefühle und stresst. Stets fühle ich eine Angriffsbereitschaft, wenn ich auf sie treffe.

Wer wäre ich?

Die vierte und letzte Frage lautet: Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?“ Die Antworten gehen meist in diese Richtung: Ich wäre entspannt, würde mich zufriedener und freier fühlen.

Oft hilft es, wenn man sich die Person, über die man gerade “The Work” macht, vor seinem inneren Auge vorstellt, wie sie genau das tut oder nicht tut, was man so gar nicht mag. Und dann entfernen wir unsere Geschichte dahinter – also, unsere Begründung und Bewertung. Wie sieht die Situation aus, wenn man die verurteilenden Gedanken für einen kurzen Moment weglässt?

Ich würde mich ohne den Gedanken, sie könne mich nicht leiden, wohler fühlen, wenn ich ihr begegne. 
Diesen Gedanken loszulassen ganz egal, ob er tatsächlich wahr ist oder nicht kann also nur zu meinem Wohl sein. Sollte er wahr sein, wäre das dennoch ihre und nicht meine Angelegenheit. Vielleicht denkt sie auch das gleiche über mich und mein Lächeln könnte das Eis schmelzen.

Die Umkehrung

Im nächsten Teil von “The Work” folgt eine Umkehr aller eingangs aufgeschriebenen Behauptungen. Diese sollte entweder auch aufgeschrieben oder laut ausgesprochen werden, damit wir die Antworten ”anprobieren” und nicht mit einem flüchtigen Gedanken darüber hinweggehen. Wir suchen in diesem Abschnitt der Selbstbefragung nach Momenten, in denen die Situation andersherum geschehen ist. Manchmal hilft es dabei, noch einmal zur Frage “Wie reagiere ich auf den Gedanken?” zurückzukehren.

Sie kann mich nicht leiden. – Sie kann mich leiden. Ich kann sie nicht leiden (Aufgrund meiner Ansicht, sie könne mich nicht leiden, kann ich sie ebenfalls nicht leiden oder verhalte mich zumindest so). 
Ich will, dass sie sich kein Urteil über mich bildet. – Ich will mir kein Urteil mehr über sie bilden (denn das habe ich, in dem ich ihr unterstellte, sie könne mich nicht leiden).
Und so weiter …

Die abschließende Umkehrung bezieht sich auf den letzten Abschnitt der Beurteilung “Ich will nie wieder erleben, dass …“. Dieser sollte nicht ausgelassen werden, sondern auf zwei Arten formuliert werden: “Ich bin bereit …“ und “Ich freue mich darauf …“.

Der Teil fällt oft besonders schwer, doch soll er keine Selbsterniedrigung darstellen, sondern überprüfen, ob wir die Ablehnung der Situation wirklich losgelassen haben. Noch einmal zur Erinnerung: Gedanken können nicht aufgegeben werden. Sie geben uns auf. Wer bereit ist, die Situation noch einmal zu durchleben, wird weniger heftig reagieren, falls sie tatsächlich wieder eintrifft – und sei es nur in den eigenen Gedanken. Er öffnet sich für die Möglichkeit, die unangenehmen Empfindungen nochmals zu fühlen, und falls sie irgendwann nochmals auftauchen sollten, ist es Zeit, gleich wieder mit “The Work” zu beginnen.

Ich will nie wieder erleben, dass sich jemand so schnell ein Urteil über mich bildet. – Ich will wieder erleben, dass sich jemand schnell ein Urteil über mich bildet. Ich freue mich darauf, wenn sich jemand schnell ein Urteil über mich bildet.

Jedes Mal, wenn du denkst, dass ein anderer Mensch dir unterlegen ist, dann überprüfe den Gedanken, dreh ihn um und schenke dir selbst etwas Frieden. Und schenke dir selbst ein Leben. Das ist dein Geburtsrecht – ein grenzenloses, freies, liebevolles, fürsorgliches menschliches Wesen zu sein.1

 

Quellen:

1 Byron, Katie. Wer wäre ich ohne mein Drama? Konfliktlösungen mit „The Work“; Goldmann Verlag, 2009

Byron, Katie. Lieben was ist – Wie vier Fragen Ihr Leben verändern können; Arkana Verlag, 2002

Das Hörbuch von “Lieben was ist” kann hier kostenfrei angehört werden.

Katie Byrons Website “thework.com” gibt es auch in deutscher Sprache.

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