FreiSein für Julian Assange
Am 20. Februar 2024, am 1. Anhörungstag von Julian Assanges Berufung gegen seine Auslieferung an die USA vor dem High Court in London, gab es eine Kundgebung am Wiener Stephansplatz. Ich durfte eine Rede halten, die Du hier nachlesen und ansehen kannst.
(Weitere Informationen zu Julian Assange findest Du hier)
„Ich kann mich nicht selbst wehren und zähle auf dich und andere Menschen mit gutem Charakter, um mein Leben zu retten.“ Diese Worte schrieb Julian Assange aus dem Gefängnis an einen britischen Journalisten.
Seit dem sind fast 5 Jahre vergangen. Es waren jetzt lange Jahre für uns, aber noch viel längere für Julian. Und er leidet sehr – psychisch und körperlich. Nils Melzer, der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Folter, nannte Julians Situation einen „Mord in Zeitlupe“.
„Sein körperlicher Zustand wird mit jedem Tag schlechter“, sagte seine Ehefrau Stella. Aber „er versucht, nicht aufzugeben und weiter zu kämpfen.“
„Wenn ich ihn sehe, bin ich immer wieder erstaunt über seine Fähigkeit, weiter zu kämpfen. Der Kampfgeist, dieselbe Flamme existiert immer noch in ihm“, sagte sein Bruder letztes Jahr in einem Interview. „Die ganze Unterstützung, diese globale Welle der Unterstützung. Das ist es, was ihn wirklich aufrichtet in diesem Höllenloch.“
Genau deshalb sind wir heute hier! Wir sind hier für einen mutigen Journalisten, der seit mehr als 13 Jahren verfolgt und regelrecht dämonisiert wird, der seit über 11 Jahren seiner Freiheit beraubt ist, und den man nun seit fast 5 Jahren unter folterähnlichen Bedingungen isoliert, getrennt von seiner Frau und den gemeinsamen Kindern, die ihren Vater noch nie in Freiheit erlebt haben, – und dennoch hat er die Hoffnung nicht aufgegeben.
Wir sind diejenigen, auf die er sich verlässt! Das dürfen wir niemals vergessen. Wir sind diejenigen, auf die er sich verlässt!
Und wir sollten den Gedanken endlich loslassen, dass wir allein nichts bewirken können. Wir sehen, was Julian als Einzelner erreicht hat, und wie viel Angst das offensichtlich ausgelöst hat. Jede Stimme, die sich für den Mann erhebt, dem man die Stimme genommen hat, wird gehört. Und sie alle zusammen ergeben eine sehr laute Stimme, einen Aufschrei gegen dieses unfassbare Unrecht.
Jede unterschriebene Petition zählt, jeder Flashmob, jede Teilnahme an einer Kundgebung, überhaupt jede Veranstaltung, jede Rede, jedes Lied für Julians Freiheit und jedes Gedenken an ihn, jeder Brief an Verantwortliche, Medien und Politiker, auch an österreichische Politiker – vor allem in einem Wahljahr.
Es ist auch bereits wissenschaftlich erwiesen, dass Gruppenmeditationen viel bewirken können. Und kreative Ideen und Aktionen kann es auch nicht genug geben.
Nur stillschweigend hinnehmen – das dürfen wir nicht!
Wir ALLE müssen unsere Stimme nutzen, weil es genau unsere Stimme ist, die man uns ALLEN nehmen möchte – durch Meinungs- und Pressezensur, durch Hetze all jener, die die Wahrheit veröffentlichen und für die dann offenbar die Menschenrechte nicht mehr gelten.
Uns alle kann man nicht zum Schweigen bringen, und wir werden auch nicht schweigen, so lange nicht bis Julian wieder in Freiheit und mit seiner Familie vereint ist.
Denn wie auch immer es heute und morgen bei der Anhörung ausgeht – für Julian ist es nicht vorbei. Es geht dort nur darum, ob er sofort an die USA ausgeliefert wird oder noch in Berufung gehen darf, es geht nicht um seine Freilassung.
Doch die Wahrheit auszusprechen ist kein Verbrechen! Unaussprechliches zu tun, das ist ein Verbrechen! Und genau solche Taten hat Julian aufgedeckt.
Sich für Julian Assange einzusetzen, bedeutet, sich für die Wahrheit einzusetzen, für Gerechtigkeit, für Freiheit – für unser aller Freiheit.
Zu Beginn seiner Inhaftierung im Londoner Hochsicherheitsgefängnis war Julian 24 Stunden am Tag in Isolationshaft, im sogenannten „Höllentrakt“. Die anderen Gefangenen haben durch Petitionen erreicht, dass er in einen anderen, etwas besseren Trakt verlegt wird und dort täglich auch mal bis zu 4 Stunden aus seiner winzigen Zelle darf. Sein Bruder sagte dazu: „Dinge ändern sich nicht von oben nach unten. Veränderung geschieht von unten nach oben. Und in dieser Situation waren es die Gefangenen. Nicht die hochbezahlten Anwälte. Es waren nicht die Politiker oder die Staatsoberhäupter oder ähnliches, die Julians Lebensumstände verändert haben. Es waren die Menschen um ihn herum. Und das ist für mich das perfekte Beispiel dafür, was Julian aus dem Gefängnis holen wird, was ihn befreien wird. Es ist die Bewegung, die er geschaffen hat, die Bewegung für Transparenz in Regierungen, für Gerechtigkeit. Das sind die Leute, die Julian letztendlich befreien werden.“
Lasst uns das nie vergessen. Lasst uns niemals den Mann vergessen, der dieses Risiko auf sich genommen hat, um Geheimnisse aufzudecken, die man uns verschweigen wollte, die jedoch ganz eindeutig von öffentlichem Interesse sind. Lasst uns niemals auf diesen Mann vergessen, der uns das wahre Gesicht der sogenannten Mächtigen gezeigt hat. Den Mann, der uns allen ein Vorbild ist – durch seine ehrlichen Worte, seine mutigen Taten, seine unerschütterliche Einstellung zu Wahrheit, Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit. Und der uns ein Vorbild ist durch seine anhaltende Hoffnung – und auf unsere Hilfe wartet.
„Ich kann mich nicht selbst wehren und zähle auf dich und andere Menschen mit gutem Charakter, um mein Leben zu retten.“