FreiSein für die eigene Impf-Entscheidung
In den Tagen vor der Nationalratswahl am 29.9.24 wurde der elektronische Impfpass nochmals zum Thema, nicht nur in der alternativen Medienszene, sondern als Reaktion auf dort veröffentlichte Beiträge auch in den Leitmedien.
Nachdem Teile des bereits 2012 beschlossenen Gesundheitstelematikgesetzes (GTelG 2012) – mit dem damals die elektronische Gesundheitsakte ELGA ermöglicht wurde – mit Wirkung vom 30.9. dieses Jahres außer Kraft traten, war eine Neuregelung notwendig. Diese wurde im Sommer im Parlament mit den Stimmen der Regierungsparteien (ÖVP und Grüne), der SPÖ und der NEOS beschlossen. Kolportiert wurde, dass mit dieser Novellierung des Gesetzes der e-Impfpass in den Vollbetrieb gehen werde – Wahlkampffutter für die FPÖ, die im Nationalrat gegen die Änderung gestimmt hatte.
Tatsächlich wurde aber „bloß“ die flächendeckende Ausbreitung dieser Maßnahme ermöglicht, die bereits 2020 im Zuge diverser anderer Schritte zur Eindämmung der so genannten Corona-Pandemie in Kraft getreten ist.
Ein Vollbetrieb braucht noch eine entsprechende Verordnung des Gesundheitsministers. Man möchte – aktuellen Aussagen dazu seitens des Ministeriums – aber noch so lange zuwarten, bis alle Funktionen implementiert sind. Das sind die Berechnung personalisierter Impfzeiträume gemäß dem österreichischen Impfplan, automatische Erinnerungen als Push-Nachricht oder mit SMS, eine e-Impfpass App und automatisierte Abrechnung von Impfprogrammen. Die Verordnung könnte dennoch jederzeit erlassen werden.
Versuchen wir in einem ersten Schritt dieses Informationsknäuel zu entwirren.
Der eImpfpass wurde mit seinen Basisfunktionen bereits im Oktober 2020 – auch damals gegen die Stimmen der FPÖ – eingeführt und dient seither dazu, für das Infektionsgeschehen relevante Impfungen in einem zentralen elektronischen Impfregister zu dokumentieren. Die Impfungen werden also nicht auf der eCard gespeichert, sondern in einem mit der Sozialversicherungsnummer verknüpften Register im Internet, auf das folgende Personen Zugriff haben: alle Gesundheitsdiensteanbieter, also etwa Ärzte, Krankenanstalten und Apotheken. Zur Verarbeitung der Daten sind der Gesundheitsminister, die Landeshauptleute und die Bezirksverwaltungsbehörden berechtigt, auch sie haben also Zugriff auf das zentrale Impfregister und die darin enthaltenen Daten zum Impfstoff, zur verabreichten Impfung, zum Bürger (im § 24c, Absatz 2, Ziffer 1, Punkt c heißt es dazu: „Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Wohnadresse, Angaben zur Erreichbarkeit, Angaben zu einer allfälligen Vertretung, Sozialversicherungsnummer, bereichsspezifisches Personenkennzeichen Gesundheit [bPK-GH], Gemeindecode, Antikörperbestimmung, impfrelevante Vorerkrankungen und besondere Impfindikationen“).
Eingetragen werden können grundsätzlich alle Impfungen. Verpflichtend eingetragen werden müssen derzeit Grippeimpfungen, Corona-Schutzimpfungen, Impfungen gegen Humane Papillomaviren und gegen Mpox.
Welche Rechte haben wir? Abmeldung vom e-Impfpass?
Ausgangspunkt war die schon damals angedachte Impfpflicht für Covid-19-Injektionen, die dann offiziell aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken seitens ELGA nicht eingeführt wurde. Mit der nun erfolgten Novellierung der gesetzlichen Grundlagen sollen diese wohl ausgeräumt werden.
Im GtelG wird festgehalten, dass eine Abmeldung vom elektronischen Impfpass – anders als in verschiedenen Medien, u.a auch Servus TV, berichtet – nicht möglich ist. Begründet wird das im § 24b des Gesetzes mit einem „erheblichen öffentlichen Interesse“. Damit sollen die „Optimierung der Impfversorgung der Bevölkerung“, die „Verfügbarkeit digitaler Impfinformationen für die Steuerung des öffentlichen Gesundheitswesens“ und die „Reduktion von Aufwänden für Bürger/innen, Gesundheitsdiensteanbieter und das Gesundheitssystem“ einhergehen.
Die Rechte der Bürger ab dem vollendeten 14. Lebensjahr, die ebenfalls im Gesetzestext (§24e GTelG) festgehalten sind, reduzieren sich auf die Information seitens des zuständigen Ministers über deren Rechte und wo diese geltend gemacht werden können: Auskunft über die im Register gespeicherten Daten, Berichtigung dieser Daten, die Selbsteintragung von Impfungen unter Vorlage eines entsprechenden Nachweises, die Ausstellung eines internationalen Impfausweises sowie allfällige Beschwerden an die „ELGA- und eHealth-Supporteinrichtungen“ zu richten.
Ausdrücklich ausgeschlossen wird in diesem Paragraphen das Recht auf Einschränkung der Datenverarbeitung, Widerspruch und Löschung – etwas, das gemäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) jedenfalls möglich sein muss.
Bedenken zum e-Impfpass
Und hier setzt nicht erst seit heute ernstzunehmende Kritik an diesem Vorhaben an. Selbst der Professor für IT- und Datenschutzrecht an der FH Hagenberg, Peter Burgstaller, der sich intensiv mit den Themen Datenschutz und Datensicherheit im Gesundheitsbereich beschäftigt, ortet in einem Gespräch mit der Tageszeitung „Der STANDARD“ datenschutzrechtliche Probleme, obwohl er das Anliegen vor allem zur „Pandemiebekämpfung“ grundsätzlich nachvollziehen kann. Hier werde, so Burgstaller, wohl der Verfassungsgerichtshof die Verhältnismäßigkeit der Vorgaben zu beurteilen haben. Nicht vorstellen kann er sich, dass die Eintragung aller Impfungen, also auch jener, denen kein erhebliches öffentliches Interesse zu Grunde liegt, halten wird.
Viel weiter in der Kritik gingen die Sprecher auf einer Pressekonferenz der EMUs zum Thema. Aus Sicht des emeritierten Rechtsanwalts, MFG-Gründers und Bundespräsidentschaftskandidaten Dr. Michael Brunner sind der gesetzlich verpflichtende elektronische Impfpass und das zentrale Impfregister mit den Grundrechten unvereinbar. Insbesondere werde das Recht auf Datenschutz, Achtung der Privatsphäre, dem Selbstbestimmungsrecht verletzt. Gesundheitsbezogene Daten müssen seiner Einschätzung nach in einem Rechtsstaat absoluten Rechtsschutz genießen.
Prof. DDr. Martin Haditsch, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie, Infektionsepidemiologie, Infektiologie & Tropenmedizin, sieht keinerlei Notwendigkeit für einen eImpfpass zur Vorbereitung auf Epidemien. Zudem sieht er die Gefahr, dass Ärzte zu Erfüllungsgehilfen staatlicher Anordnungen werden könnten. Auch gebe es „Menschen, die impfuntauglich sind und eine natürliche Immunität besitzen oder nicht auf Impfungen ansprechen”.
Der elektronische Impfpass ist also nicht nur datenschutzrechtlich bedenklich, sondern er bedroht auch Grundrechte, wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und im Falle einer Impfpflicht das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.
Da eine entsprechende Verordnung zum Vollbetrieb des elektronischen Impfpasses, wie weiter oben geschrieben, jederzeit erfolgen kann, gilt es also, das noch vorhandene Zeitfenster zu nutzen, wenn man diese Maßnahme verhindern will. Denn: Eine 2021 eingebrachte Bürgerinitiative betreffend einer „Möglichkeit zur Abmeldung (Opt-out) vom elektronischen Impfpass“ wurde zwar im Nationalrat behandelt, blieb aber ohne Erfolg.
Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen also?
Ein probates Mittel ist es jedenfalls immer, die Abgeordneten des eigenen Wahlkreises anzuschreiben, ebenfalls können verantwortliche Politiker wie der Gesundheitsminister oder die Gesundheitssprecher der Parlamentsparteien Adressaten von Schreiben sein, in denen man datenschutzrechtliche Bedenken und eine Verletzung der Grund- und Freiheitsrechte anspricht. Man kann auch das Beispiel aus Bayern anbringen, wo laut Bayrischem Rundfunk eine Abmeldemöglichkeit auch vom eImpfpass besteht. Petitionen sind da schon um einiges aufwendiger und entfalten erst dann eine mögliche Wirkung, wenn sie eine große Menge von Unterstützern vorweisen können. Ebenso kann man Datenschutzorganisationen und Konsumentenschutz informieren bzw. die ELGA um Auskunft zu den verarbeiteten Daten bitten, was innerhalb von 4 Wochen beantwortet werden muss. Auch Demonstrationen im großen Stil sind nur mit erheblichem Aufwand zu organisieren, aber wenn an vielen Orten viele kleine Gruppen ihren Widerstand oder Widerspruch im Rahmen von Mahnwachen oder Flashmobs zum Ausdruck bringen, könnte das Bewegung in die Sache bringen.
Weitere diesbezügliche Ideen und Initiativen können gerne via E-Mail (redaktion@zeitenwende-magazin.at) an die Redaktion übermittelt werden, wir werden diese nach Prüfung auf unserer Website und in unserem Telegram-Kanal veröffentlichen.
Abschließend ist es wichtig noch einmal zu betonen, dass eine für Österreicher typische Haltung, dass man eh nichts machen könne, um dann hintherum zu meckern, die schlechteste aller Optionen ist. Und auf eine österreichische Lösung, dass alles doch nicht so heiß gegessen wie gekocht wird, darf man nicht mehr bauen. Die Zeiten solcher Ansätze sind spätestens seit der Corona-Zeit vorbei. Es gilt zu handeln, wenn man Veränderungen bewirken will.
Von Bernhard Costa, dem Sprecher von „Wir EMUs“, erreichte die Redaktion als Reaktion auf diesen Beitrag ein E-Mail mit folgendem Inhalt:
Zu diesem tollen Artikel möchten wir „darüber informieren, dass wir EMUs bereits eine VfGH-Beschwerde vorbereiten unter Federführung von Dr. Michael Brunner & MMag. Markus Koisser!
Die ‚story‘ ist m.E. nicht zuletzt deswegen überaus spannend, zumal unsere beiden „Helden“ DDr. Martin Haditsch & Dr. Andreas Sönnichsen die Beschwerdeführer sein werden… 😉
Wir werden also zeitnah eine VfGH-Beschwerde einbringen und dazu eine öffentlichkeitswirksame Pressekonferenz einberufen, denn (ich teile deine letzten Worte aus dem Artikel zu 100 %): Es gilt zu handeln, wenn man Veränderungen bewirken will…“