Das Leben ist besser als sein Ruf – Rezension zu Uwe Böschemeyers Buch

FreiSein durch die Annahme des Lebens, wie es ist

 

Als mir kürzlich die Information zufiel, dass der Psychotherapeut Uwe Böschemeyer, ein Schüler des Begründers von Logotherapie und Existenzanalyse, Viktor Frankl, ein neues Buch veröffentlicht hat, das noch dazu den ansprechenden Titel „Das Leben ist besser als sein Ruf“ trägt, war mein Interesse geweckt. Ich erinnerte mich sofort an eines seiner früheren Werke, das mich sehr berührt hatte. In „Von den hellen Farben der Seele“ stellt er die von ihm entwickelte Wertorientierte Persönlichkeitsbildung vor, und ich durfte bei der Lektüre auch seine Wertimagination kennenlernen.

Kurze Zeit später fand ich das E-Book in meinem E-Mail-Postfach, das mir eine sehr freundliche und liebevolle Mitarbeiterin des Tyrolia-Verlags, in dem das Werk erschienen ist, nach meiner Anfrage prompt für diese Rezension zugeschickt hatte. Und so haben sich in diesem Fall auch Autor und Verlag gefunden, die aufgrund ihrer Haltung zum Leben wunderbar zusammenpassen.

Aber nun genug der Vorrede, kommen wir zur Sache.

In den fünf Abschnitten des Buches erfahren wir nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch, sein zu dürfen, Lohnenswertes zu kultivieren, manches zu lassen, Herausforderungen anzunehmen und noch Anregungen zu einer Kultur der Wortsuche sowie einer anderen Form von Selbsterfahrung und den Versuch einer Antwort auf die Frage, ob Gott eine Illusion ist.

Gleich zu Beginn geht es ans Eingemachte, das der mittlerweile 85-jährige Autor aber in die ihm eigenen wertschätzenden und im wahrsten Sinn des Wortes FREUNDlichen Ausführungen verpackt. Wir werden eingeladen, Frankls Satz „Menschsein heißt, sich verändern zu können“ zu folgen. Böschemeyer betont dabei das Können, das kein Müssen ist, wir also die Wahl haben; ebenso betont er, dass diese Einstellung der oft eingeschliffenen Sichtweise, sich an das Bestehende gewöhnt zu haben bzw. so bleiben zu wollen, wie man ist, eine wertvolle und lohnenswerte Alternative entgegenstellt. Sein uns anempfohlenes Lebensmotto lautet daher folgerichtig: „Werde, der du bist!“

Um sinnvolles und geglücktes Leben zu finden, sollten Gedanken wie „Hätte ich damals doch …“ oder „Das wollte ich schon immer einmal …“ außen vor bleiben. Sie verleugnen nämlich eine essentielle Realität des menschlichen Lebens, das Entscheidungen immer auf Basis des Bestehenden und zu diesem Zeitpunkt Gegenwärtigen getroffen werden, auch auf Grundlage des damaligen Entwicklungsstandes unserer Persönlichkeit. Vielmehr geht es darum, persönliche Träume und das von ihm als „das ganz Große“ Bezeichnete im eigenen Leben auf Basis der individuellen Voraussetzungen zu verwirklichen bzw. deren Verwirklichung auch ernsthaft anzustreben und sie nicht nur in der Welt der Vorstellungen zu belassen. Denn, so Böschemeyer, der tiefe Glaube an etwas ist in der Lage, Berge zu versetzen.

Anders als früher – der Autor hat hier, wie er selbst schreibt, seine Sichtweise adaptiert – empfiehlt er ein gesundes „Ich bin ich“, das nichts mit Egoismus zu tun hat. Auf Basis der Selbstannahme ist die liebevolle Begegnung mit dem anderen um vieles leichter. Auch die Botschaft der Träume will er uns ans Herz legen, sie entfalten ihre Bedeutung immer aus der eigenen Geschichte und der gegenwärtigen Situation heraus. Entscheidend ist es auch, das Leben so anzunehmen, wie es ist. Dabei geht es aber nicht darum, alles widerstandslos hinzunehmen, was einem widerfährt; vielmehr ist die Grundhaltung der eigenen Existenz gegenüber wichtig, dass Leben eben so und so ist, dass es Höhe- und Tiefpunkte hat, dass es Krisen und Erlösung bereit hält. Krisen werden als jene Zeiten bezeichnet, in denen sich notwendige Umbrüche anbahnen; sie ermöglichen, trotz ihrer sehr oft bedrohlich erlebten Dynamik, ein Neuwerden, bieten also die Chance, sich verändern zu KÖNNEN.

Im Buch werden weiters die beiden Seiten der Sehnsucht reflektiert, es wird der Herzensbildung das Wort geredet, der Wert der Freundlichkeit betont, empfohlen, Staunen zu lernen und Verinnerlichtes zu erinnern sowie Rituale in den Alltag einzubauen und das Dankbarsein zu kultivieren.

In einem nächsten Abschnitt wird u.a. das Lieben-Lernen betrachtet, Glück durch Verzicht beleuchtet, die Gunst der Krisen vertieft und die Überwindung der Angst sowie die Bearbeitung von Stress besprochen. Auch der Mut, seine Masken, die man öfter im Leben trägt, auch mal oder dauerhaft abzulegen, ist ein Thema, dem sich der Autor widmet. Und dann beschäftigt er sich auch noch intensiv mit den Grundlagen einer gelingenden Partnerschaft und dem Überwinden der Einsamkeit, deren persönlich erlebte Bedrohung vor allem in einer inneren Einstellung zu ihr liegt.

Das Buch bietet Ein- und vor allem Ausblicke in so ziemlich alle Lebensbereiche, es lässt das Herausfordernde und Belastende nicht aus, bietet aber – eben auch ganz praktisch – jede Menge konstruktive Perspektiven, dem eigenen Leben jenen Sinn zu geben, den man sich immer schon wünscht. Dabei helfen die Haltung und die Lebenserfahrung des Autors, der selbst ein ganz normaler Mensch geblieben ist und dem daher nichts Menschliches fremd ist. Genau darauf basiert auch die Stärke dieses Buches, das hier nur wärmstens zur Lektüre empfohlen werden KANN.

 

Quelle: Uwe Böschemeyer, Das Leben ist besser als sein Ruf, Tyrolia, 2025
Weiterer Buchtipp:
 Uwe Böschemeyer, Von den hellen Farben der Seele – Wie wir lernen, aus uns selbst heraus zu leben, EcoWin, 2019

 

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