Fragen zu Nawalnys Tod

Fragen

FreiSein durch Fragen stellen

 

Ich kann nicht umhin, mir Fragen zu stellen. Fragen, die mir sofort nach Nawalnys Tod in den Sinn kamen. Und diese Fragen betreffen ganz besonders den Zeitpunkt des Todes.

1. Warum sollte Putin nur ein paar Tage nach Ausstrahlung des Interviews mit Tucker Carlson Nawalny ermorden lassen? Das Interview war doch sicherlich auch als PR-Coup gedacht. Mit einem Mord macht er sich die PR mit einem Schlag kaputt.

2. Putin stört damit auch die Aufmerksamkeit auf den prominentesten politischen Gefangenen des Westens: Julian Assange. Wie Edward Snowden schon sagte: An Assange können wir eigentlich alles ablesen. Er – und natürlich auch Snowden – zeigen doch überdeutlich, dass zu den Werten des Wertewestens besonders auch die Heuchelei zählt.

3. Warum lässt Putin Nawalny zu Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz ermorden, sodass er alle weltweiten Schlagzeilen nun gegen sich hat – und die Ukraine jene Militärhilfe erhält, die sie sonst nicht erhalten hätte? Für alle Kriegsbegeisterten – und da gibt es gerade auch viele Couch-Generäle, die ehemals persönlich den Dienst an der Waffe abgelehnt hatten – ist das großartig.

4. Warum war Julija Nawalny zu einem Panel bei der Münchner Sicherheitskonferenz eingeladen und hat dort erst vom Tod ihres Mannes erfahren? Sofort entschied sie sich für eine Rede gegen Putin.

5. Warum passiert der Tod so kurz vor der Wahl in Russland? Wollte Putin einen Märtyrer aus Nawalny machen, der bei den Wahlen ja keinen Einfluss gehabt hätte? So gelingt es Putin, dass weniger Leute zur Wahl gehen.

6. Stimmt es somit, dass sich Russland selbst am liebsten schädigt, denn es hat sich ja, wie immer wieder kolportiert, auch seine 2 Pipelines durch die Ostsee mühevoll weggesprengt. Auch zu einem Zeitpunkt, wo es doch gut und gerne das Geld gebraucht hätte.

7. Es ist eine Katastrophe, wie Nawalny behandelt wurde – aber dieselbe Katastrophe erlebt Assange mitten in London. Auch er ist von Schlaganfällen gekennzeichnet, sollte vergiftet werden, und es ist ein Wunder, dass er trotz Folter (UN-Sonderberichterstatter für Folter: Nils Melzer) noch lebt. Assange war einfach nur ein Journalist, der aufdeckte, was er nicht aufdecken sollte. Kein Politiker. Seine letztendlich verhängnisvollste Aufdeckung: Die Aufdeckung der Emails von H. Clinton.
Nawalny war durchaus rassistisch und bezeichnete in einem Videoclip Muslime als Kakerlaken. Auch bei nationalistischen Aufmärschen war er dabei.

Conclusio: Für den Westen ist der Zeitpunkt des Todes zynischerweise geradezu perfekt. Noch dazu findet heute Assanges Anhörung statt und die Medien berichten weit weniger darüber als über Nawalny.
Wer kennt öffentliche Briefe von Assanges Mutter, von Assanges Vater? Wer hat Assanges Brief anlässlich der Krönung von Charles gelesen? Werden wir zur Empathie gegenüber Assange gleich intensiv mittels Berichterstattung geführt – wie gegenüber Nawalny.
Beide deckten schwere Missstände auf. Bei Nawalny feiern wir dies, bei Assange drücken wir alle Augen zu.

Wir kennen natürlich die Wahrheit nicht, aber Fragezeichen müssen sich zwangsweise im Kopf bilden, solange man noch selber denken kann – und nicht von dem medialen Feuer geblendet wird.
Und vielleicht zeigt sich irgendwann noch die Wahrheit, wie diese auch immer aussehen mag.

 

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