Soziale Netzwerke

Netzwerk

online FreiSein für die Offline-Vernetzung

 

Was wäre, wenn es das Ziel eines der vielen sozialen Netzwerke wäre, Menschen dazu zu bewegen, sich tatsächlich im wirklichen Leben zu treffen?

Vor knapp zwei Jahren wagten die Schweizer Gründer von „the natwork“ genau diesen Versuch und mussten erkennen, dass die Zeit für ihr Produkt noch nicht gekommen war. Mit 31.5.23 wurde die Plattform, die eine Fülle von Tools zur Online-Vernetzung geboten hat, aufgrund der geringen Nutzung vom Netz genommen.

Rund 2500 User waren zuletzt registriert, nur die Allerwenigsten waren regelmäßig online aktiv. Mitgründer Tom-Oliver Regenauer, der als Musiker, Autor und freier Journalist tätig ist, hatte die Idee, mit seinem Online-Netzwerk für die Offline-Vernetzung quasi eine kleine Stadt zu errichten. „Auch wenn auf dem Dorfplatz (gemeint ist damit die Pinnwand) weniger los ist als bei Facebook, tobt das Leben doch in jedem Haus (nämlich in den Profilen, den Gruppen und den Chats)“, meinte er anlässlich der Gründung im November 2021.  Mit einem kleinen Team hatte er sein soziales Netzwerk technisch so vorbereitet, dass es einer Community, die die klassischen sozialen Netzwerke satt hat, zur Vernetzung dient, zuerst virtuell und dann im echten Leben.

Der Fokus lag also „nicht auf einer geschäftigen Social-Media-Komponente, sondern auf dem direkten Kontakt zwischen den Mitgliedern – und das möglichst lokal oder regional.“ Mitgliedern sollte geholfen werden, eine Vernetzung aufzubauen, die auch dann verfügbar ist, wenn das Internet nicht funktioniert. Das Social-Media-Tool war frei von Zensur, Ideologie, Konzerninteressen oder Parteipolitik. Grundsätzlich willkommen waren „alle Menschen“. Sie konnten aktiver Teil der natwork-community werden. „Wir halten uns an die grundlegenden Naturgesetze, respektieren die allgemeinen Menschenrechte und gehen respektvoll miteinander um. Mehr Regeln gibt es nicht“, betonte Regenauer. Die Finanzierung des Tools bestritt er übrigens aus eigener Tasche.

Schon von Anfang an war klar, dass der Erfolg der Plattform von dem abhängt, wie sie die User nutzen. „Denn wenn man nicht selbst aktiv wird, passiert auch nichts“, so Regenauer. Trotz des beachtlichen Angebots, das von Chats, Audio- und Videoanrufen oder Voice-Mails bis zu einem Anzeigenmarkt für Waren, Dienstleistungen und Jobs, verschiedenste Foren und eine Blogseite, in der jedes Mitglied zu seinen Themen veröffentlichen konnte, reichte und zahlreicher Werbeaktionen, konnte sich die Idee der Gründer nicht durchsetzen.

In seiner letzten Nachricht an die User formulierte es Regenauer so: „Nach knapp eineinhalb Jahren haben wir uns schweren Herzens entschlossen, the natwork nicht weiter zu betreiben. Wir werden die Plattform am 31. Mai 2023 stilllegen. Das hat mehrere Gründe: Auslastung: Im Durchschnitt sind pro Tag nur vier bis zehn Mitglieder online. Das ist nicht einmal ein Prozent der registrierten Accounts. Ab zehn Prozent wäre der Aufwand, der zum Betrieb der Plattform nötig ist, langfristig gerechtfertigt. Für uns implizieren diese Zahlen, dass es (noch) keinen wirklichen Bedarf für diese Plattform gibt. Rein betriebswirtschaftlich betrachtet, stehen Aufwand und Nutzen so in keinem akzeptablen Verhältnis. Leider haben auch Werbung in reichweitenstarken Medien oder Flyer-Aktionen nichts daran geändert. Zudem zeigt uns der Datenverkehr, dass auch im Hintergrund – also in Gruppen, Blogs, Chats – nicht wirklich was los ist. Und dafür war die Plattform gedacht. Als Peer-2-Peer-Portal für dezentrale Vernetzung. Nicht als Social-Media-Klon mit einem News-Feed, der die gleichen Nachrichten repliziert wie Facebook oder Twitter.“

Zu bedenken gibt er darin auch, dass sein „natwork“ zentral auf Servern läuft und daher vor allem im Hinblick auf  die Verschärfung des “Netzwerkdurchsetzungsgesetzes” sowie des neuen “Gesetzes gegen digitale Gewalt” nicht davor gefeit ist, zensiert und gesperrt zu werden. „Es dürfte demnach nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch the natwork von derartigen Umtrieben tangiert wird“, so Regenauer.

Die Zukunft des freien Internets sieht er in dezentralen Lösungen, weil diese „eben nicht zensierbar oder einfach abzuschalten sind, da sie nicht auf zentralen Servern laufen und auf Blockchain-Technologie basieren.“ Er empfiehlt daher, sich zum Beispiel bei Bastyon zu registrieren, das genau diese Technologie nutzt. „Die Anwendung ist sehr simpel und man benötigt zur Anmeldung nicht einmal eine E-Mail-Adresse, kann also komplett anonym surfen. Dazu registriert man sich einmalig mit einem Kürzel oder Fantasie-Namen auf der Webseite, lädt die Applikation herunter, meldet sich mit seiner Blockchain-Adresse an – und fertig“, betont er.

Im abschließenden Chat mit der „natwork-community“ sprach Tom-Oliver Regenauer auch davon, dass die Zeit für eine derartige Social-Media-Plattform möglicherweise erst kommen wird. Darum wird das Netzwerk auch nicht ein für alle Mal begraben, sondern „gut gekühlt“ für eine etwaige spätere Wiederbelebung aufbewahrt.

Man darf gespannt sein.

Auch unser Online-Magazin fürs FreiSein wollte Teil der natwork-Community werden, was sich dann nicht mehr umsetzen ließ. Kurz nach der vorläufigen Beerdigung dieses sozialen Netzwerks entstand in Österreich eine neue, ähnlich gelagerte Alternative. Auf Basis des freien Open-Source-Programmcodes von ocelot.sozial  wurde die soziale Medienplattform sender.fm aus der Taufe gehoben. Auch dort hat man die Möglichkeit, seine Ideen mit anderen, meist Gleichgesinnten zu teilen, es gibt die Möglichkeit Gruppen zu gründen und miteinander über die Kommentarfunktion zu den Beiträgen zu kommunizieren. Ebenso wie the natwork geht es auch der sender.fm-Community darum, online die Basis für Begegnungen und Vernetzung im real life zu legen. Daher hat man auch die Möglichkeit, seinen Wohnort einzugeben, um auf diese Weise auf Mitglieder in der eigenen Gemeinde oder Region zu stoßen. Zudem wird auch großer Wert auf den Kontakt mit den Gründern gelegt, es finden regelmäßige Talks zu technischen Fragen und zur Nutzung der Plattform statt.

Unsere ZeitenWende ist dort mittlerweile mit einem eigenen Profil präsent, ebenso existiert eine Gruppe, in der sich die ZeitenWende-Gemeinschaft formieren kann. Wir freuen uns natürlich, wenn auch Du Teil dieses Netzwerkes wirst und so dazu beiträgst, dass die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft in deinen bzw. unseren Händen liegt. Mit diesem Link kannst du Teil von sender.fm und der dort gegründeten „Unsere ZeitenWende“-Community werden.

Dass das Internet trotz der bevorstehenden großen Umbrüche, die etwa durch den Digital Service Act zu einer verstärkten Kontrolle und zu wachsenden Zensurbestrebungen führen, nicht endgültig abzuschreiben ist, ermöglichen Initiativen wie die kürzlich online gegangene freie Video-Plattform Cideo Liberty (auch dort ist Unsere ZeitenWende vertreten), die knapp vor dem Launch stehende Zoom-Alternative BuzzCom oder bereits in Vorbereitung befindliche Initiativen wie alternative Browser, die wie ein Intranet nur von zugelassenen Usern benutzt werden können. Auch darüber werden wir gerne weiter berichten.

 

Wer sich trotz dessen vorläufigen Endes für „thenatwork“ interessiert, findet hier weitere aufschlussreiche, nachahmenswerte Informationen:

  • Podcast mit dem Gespräch zwischen natwork-Gründer Tom-Oliver Regenauer und Gunnar Kaiser anlässlich der Gründung der Social-Media-Plattform im November 2021
  • „the natwork – Knotenpunkt für die freie Gesellschaft von morgen!“ im Blog regenauer.press
  • Kamingespräch der unabhängigen Medienplattform Idealism Prevails mit Tom-Oliver Regenauer

 

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